10.01.2024
GEFA: Deutschlands Handelsbilanz bleibt weiter tiefrot
Nach den vorläufigen Zahlen zum Agrarexport des Jahres 2023 verstärkt sich der seit Jahren zu verzeichnende Negativ-Trend der Handelsbilanz der Agrar- und Ernährungswirtschaft. Den deutschen Einfuhren zum Oktober 2023 (ohne Landtechnik) in Höhe von 61,4 Mio. t (+0,1 %) standen deutsche Ausfuhren im Wert von nur 49,8 Mio. t (-3,8 %) gegenüber.
Das Rekorddefizit beträgt damit bereits für die ersten zehn Monate letzten Jahres 11,6 Mio. t und verschlechterte sich um 21,3 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Das teilte die German Export Association for Food and Agriproducts GEFA e.V. (GEFA) auf ihrem jährlichen Export-Pressegespräch mit.
„Unsere Agrar- und Ernährungsbranche erzielt nach der ersten Hochrechnung der GEFA für das Jahr 2023 inkl. der Landtechnik einen wertmäßigen Export-Rekordwert in Höhe von 106 Mrd. Euro. Das ist zwar eine herausragende Leistung der Branche, ein Grund zur Freude ist es nur bedingt. Die Steigerungen sind in erster Linie auf die auch für das Jahr 2023 vergleichbar hohen Inflationsraten bei Agrarprodukten und Lebensmitteln zurückzuführen“, sagt Hartmut Kretschmer, Sprecher der GEFA und Manager Food Service Europe im DMK Deutsches Milchkontor GmbH.
An weiteren Herausforderungen hatte die Export-Branche Kretschmer zufolge 2023 Kostensteigerungen (Energiekosten, Rohwaren, Dienstleistungen), unzureichende Arbeitskräfteverfügbarkeiten, fehlende Marktzugänge für ausgewählte Produkte und Länder sowie erhebliche Einschränkungen des Marktzugangs (z.B. Tierseuchen: Afrikanische Schweinepest und Aviäre Influenza und Tiertransporte: weitere deutliche Einschränkungen) hinzunehmen. Weltweit sei die Marktsituation weiterhin angespannt. Zudem sei die sinkende Akzeptanz vergleichsweise teurer deutscher Exportprodukte, die abnehmende Listungsbereitschaft des Handels bezüglich Produkten aus deutscher Produktion sowie der verstärkte Trend zu Handelsmarken festzustellen, so Kretschmer.
Fleischexporte stark rückläufig
Für den Fleischbereich sind die Exportvolumina von Januar bis Oktober 2023 zu 2022 rückläufig. Schweinefleisch musste hier den massivsten Abschlag in Höhe von 15,3 % auf 1,65 Mio. t hinnehmen, gefolgt von Geflügel von -12,1 % sowie Rind mit -2,1 %. Als Ursachen für diese Rückgänge definiert die GEFA zum einen, dass Brasilien und die USA als starke Konkurrenz auf den internationalen Märkten agieren, zusätzlich noch verschärft durch ein hohes deutsches Preisniveau v.a. im Bereich der Fleischzuschnitte. Zum anderen tragen geringere Rohstoffmengen aufgrund rückläufiger Produktion in Deutschland zu den geminderten Exportmengen bei. Schließlich fehlen weiterhin wichtige Markzugänge, besonders im asiatischen Raum (China). Nach wie vor bestehen zudem Sperren aufgrund von Tierseuchen (ASP; Aviäre Influenza).
Engerer Schulterschluss zwischen Politik und Wirtschaft notwendig
„Die Lebensmittelproduktion in Deutschland darf nicht weiter durch Bürokratie und Abgaben belastet werden. Es hilft niemandem, wenn die Produktion in andere Länder und Regionen verlagert wird. Im Gegenteil, es vernichtet Wertschöpfung in Deutschland“, so Jan-Bernd Stärk, stellvertretender Sprecher der GEFA und Leiter Export EU-Ost/Drittland, Westfleisch SCE mbH. „Stattdessen muss die heimische Wirtschaft gestärkt werden. Dazu gehört auch die Förderung des Exports von Agrarprodukten und Lebensmitteln.“
Zum Ende vorigen Jahres hat es einige Projekte von Politik und Wirtschaft gegeben, um Marktöffnungsverfahren bei verschiedenen Produkten voranzutreiben, zum Beispiel die im November kurzfristig und entschlossen umgesetzten Reisen von Veterinärdelegationen aus Japan und den Philippinen. „Anfang 2023 hatte das BMEL durch ein Memorandum of Understanding mit China die Hersteller von Babynahrung in der Markterschließung sehr konstruktiv unterstützt, diese Ideen und den Elan müssen wir im Sinne der Unternehmen weiterführen“, führt Kretschmer weiter aus. „Auch die Ende Oktober/Anfang November vorigen Jahres durchgeführte Reise der Parlamentarischen Staatssekretärin im BMEL, Frau Dr. Ophelia Nick, gehört dazu“, ergänzt Stärk. „Wir begrüßen diese Initiativen, aber jetzt müssen diese durch die Hausspitze des BMEL weiter verstärkt werden. Die Wirtschaft steht jederzeit zur Unterstützung bereit. Im wichtigen China-Geschäft ist sogar die Unterstützung durch das Kanzleramt notwendig“, so Stärk.