12.02.2021

„Ein Unternehmen muss sich immer wieder neu erfinden“

Musikhören war in den Achtzigern vor allem ein haptisches Vergnügen. Statt Online-Streaming wie heute üblich war die Musikkassette, für unterwegs auch schon mal ganz gerne im beliebten „Walkman“ eingelegt, für den Hörgenuss erste Wahl. Und auch die Schallplatte war weit verbreitet, bevor sie wie die MC Anfang der 90er von der Compact Disc verdrängt wurde.

Es war die Hochzeit der physischen Medien, als im Juni 1984 die Bertelsmann-Tochter Topac GmbH, die Gesellschaft für Tonträgerverpackung mbH, als Joint Venture von Sonopress und Mohndruck aus der Taufe gehoben wurde. Bis heute beliefert das Unternehmen weltweit Presswerke und Labels mit Mediendruckerzeugnissen, vom aufwändig gestalteten Stromberg-Cover bis zur Hülle für große Anbieter von Software und Videospielen. Es ist keine Seltenheit, dass eine halbe Million Cover am Tag das Firmengelände an der Carl-Miele-Straße verlassen, wenn die Auftragslage dies erfordert.

Startschuss für Lebensmittelverpackungen 2018

Doch die zunehmende Digitalisierung der Medienbranche und veränderte Konsumgewohnheiten der Verbraucher setzten zuletzt auch den Güterslohern zu. Die Umsätze im Mediengeschäft gingen zwar langsam, aber beständig zurück.

Bis Topac 2018 schließlich den Schritt wagte, in die Produktion von Verpackungen für die Lebensmittelindustrie einzusteigen und sich damit ganz neue Chancen und Möglichkeiten eröffneten. Seitdem laufen Druck-, Stanz-, Klebe- und Laminiermaschinen auf Hochtouren, schnellen Umsatzzahlen in die Höhe, stehen Kunden nach den innovativen Topac-Verpackungslösungen Schlange.

Bereits mit den ersten Lebensmittelverpackungen „SlimFresh“, „SliceFresh“ und „TopFresh“, entwickelt in Kooperation mit der Ribbeck GmbH und dem Maschinenhersteller Mondini, traf Topac den Nerv im Markt und toppte das Ganze noch, als 2019 die „Kartonschale“ folgte. Schnell wurden Handelsriesen wie Kaufland und Netto sowie Fleischerzeuger zu Großkunden. Das Besondere an den Topac-Verpackungen sind ihr nachhaltiger Ansatz und ihre hohe Funktionalität: Mit dem Einsatz der sehr stabilen, umweltfreundlichen Kartonträger bzw. -behälter lassen sich im Vergleich zu konventionellen Verpackungen bis zu 70% an Kunststoffen einsparen sowie Papier und Kunststofffolien voneinander trennen und jeweils sortenrein recyceln. Nach Verpackungen für Fleisch und Geflügel produziert Topac inzwischen auch nachhaltige Hüllen für Hersteller von Fisch-, Käse- und Keksprodukten. Weitere Verpackungen sind in Planung.
„Wir haben eine fantastische Entwicklung hingelegt, seitdem wir uns entschieden haben, auch Lebensmittelverpackungen herzustellen“, so Sven Deutschmann (57), seit 1996 Geschäftsführer der Topac GmbH. „Wir sind in der Produktion derzeit voll ausgelastet und produzieren inzwischen im Dreischichtbetrieb.“ Besonders stolz mache ihn die Erwähnung im Bertelsmann-Geschäftsbericht 2019. Dort berücksichtigt zu werden, obwohl Topac mit etwa einem Tausendstel vom Bertelsmann-Gesamtumsatz von 18 Milliarden Euro eine vergleichsweise kleine Konzerntochter sei, freue das Unternehmen sehr und bedeute auch ein Stück weit zusätzliche Motivation. Auch die diesjährige Auszeichnung mit den „Top-Innovations 100“ sei ein tolles Feedback für die unter Beweis gestellte Innovationsfähigkeit.

Klassisches Mediengeschäft rückläufig

Doch der Entschluss sei seinerzeit nicht bei allen im Unternehmen verstanden worden. „Als wir damit anfingen, neben Medien- auch Lebensmittelverpackungen herzustellen, kam das für unsere Muttergesellschaft, bekannt für Medien und Dienstleistungsketten, einem Paradigmenwechsel gleich“, erinnert sich Deutschmann an die damalige Startphase.

„Aus unseren Bilanzen war allerdings klar abzulesen, dass wir infolge der digitalen Transformation auf dem Markt der klassischen, physischen Medien zuletzt nicht mehr ganz so erfolgreich unterwegs waren wie noch zu den Boomjahren von CD und DVD “, erinnert sich Deutschmann. Es sei ein konstanter Abschwung gewesen, der bis heute vor allem durch Musik- und Film-Streaming-Dienste wie Apple, Amazon oder Netflix befördert werde. Auch ein sehr innovativ aufgestelltes Unternehmen wie die Topac GmbH habe sich dem Einfluss der Digitalisierung nicht entziehen können.

Der Ausbruch der Corona-Pandemie habe diesen stetigen Abschwung in diesem Jahr sogar noch beschleunigt. „Das Geschäft mit den klassischen Medien im physischen Bereich ist dadurch in den ersten sechs Monaten diesen Jahres stark zurückgegangen“, so der Geschäftsführer. Doch sei das entstandene Defizit mit erhöhten Abverkäufen von CD‘s und DVD‘s im Lebensmitteleinzelhandel, aber vor allem mit der Herstellung von Lebensmittelverpackungen, mehr als ausgeglichen worden. „Die Lebensmittelindustrie ist eine der wenigen Branchen, die von der Corona-Pandemie profitiert hat, auch bei uns hat sich das entsprechend ausgewirkt“, fasst Deutschmann zusammen.

Innovation als Antwort auf Medienwandel

„Wir sind im Markt für Tonträger- und Multimediaverpackungen zwar weiterhin sehr gut positioniert, der allmähliche Rückgang in der Medienbranche veranlasste uns aber dazu, systematisch neue Märkte zu analysieren und für uns daraus die richtigen Schlussfolgerungen zu ziehen.“ Entsprechend gut vorbereitet und klar fokussiert sei die Erweiterung des Portfolios auf Lebensmittelverpackungen dann letztlich gelungen, so Deutschmann. Entgegengekommen sei dem Unternehmen dabei die Tatsache, dass es auf bestehende Strukturen aufbauen konnte und über Jahrzehnte erworbene Kompetenzen aus dem Druckbereich auf Lebensmittelverpackungen habe übertragen können. „Das Know-how im industriellen Druck und die Fähigkeit unserer Designer und Ingenieure, innovative Lösungen zu finden und schnell umzusetzen, war bereits vorhanden, daher fiel es uns vergleichsweise einfach, auf Lebensmittelverpackungen umzuschwenken, auch in diesem kurzen Zeitraum.“ So sei die Anpassung des Unternehmens inklusive notwendiger FSSC 22000-Zertifierung innerhalb nur eines Jahres über die Bühne gegangen. „Als Dienstleister für die Medienbranche muss man schnell und flexibel reagieren, auch diese Fähigkeit konnten wir in diesem Anpassungsprozess hervorragend einbringen“, erklärt Deutschmann.

„Ein Unternehmen muss sich immer wieder neu erfinden“, sagt er. „Wem das nicht in regelmäßigen Abständen gelingt, der bleibt über kurz oder lang auf der Strecke“, so der Topac-„Takt- und Ideengeber“. Heute zeige sich, dass der damalige Entschluss mehr als richtig und richtungsweisend gewesen sei (beh)
„Ein Unternehmen muss sich immer wieder neu erfinden“
Foto/Grafik: Olaf Behnel
Topac-Geschäftsführer Sven Deutschmann, Produktionsleiter Ralf Herrmann und Christian Knehans, Director Business Development & Purchasing (v. l.).
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Foto/Grafik: Olaf Behnel
Hohe Auslastung: Die Herstellung von Verpackungen für die Lebensmittelindustrie ist für Topac eine Erfolgsgeschichte. Inzwischen laufen die Druckmaschinen im Dreischichtbetrieb und somit rund um die Uhr.
„Ein Unternehmen muss sich immer wieder neu erfinden“
Foto/Grafik: Olaf Behnel
Christian Knehans, Topac Director Business Development & Purchasing, mit einem Schneidwerkzeug für einen Drucknutzen.
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